Die richtigen Schuhe fürs Joggen

München/Stuttgart – Frische Luft und Bewegung: Diese Kombination reizt viele Menschen am Laufen. Damit die Muskeln und Sehnen eine Joggingrunde gut überstehen, spielt das Schuhwerk eine zentrale Rolle. Anders gesagt: Ohne Laufschuhe läuft nichts. Warum das so ist und worauf es bei den Modellen ankommt:

Reicht für den Start nicht der alte Hallenschuh?

Nein. «Ein Hallenschuh ist sicher nicht geeignet, um einen etwa auf Waldboden weit zu tragen», erklärt der Orthopäde Patrik Reize. Beim Laufen würden andere Fußteile belastet als bei anderen Sportarten – und müssten entsprechend gedämpft und stabilisiert werden.

Sonst drohen Probleme, etwa im Vorfußbereich, an der Achillessehne oder in den Knien. Gerade im Frühjahr, wenn viele Menschen wieder mit dem Laufen anfangen, kommen immer wieder Läufer mit Beschwerden zu Reize und seinem Team ins Klinikum Stuttgart und klagen etwa über Rückenschmerzen. «Oft sind sie untrainiert oder probieren es mit irgendwelchen ungeeigneten Schuhen», erzählt der Mediziner.

Auch Urs Weber vom Fachmagazin «Runner’s World» betont: «Der Schuh ist für Läufer der wichtigste Ausrüstungsgegenstand.» Er verdeutlicht das mit einem Vergleich: «Ich kann auch mit einem Tennisschuh Fußball spielen, aber mit einem Fußballschuh geht es deutlich besser.»

Worauf kommt es bei der Auswahl an?

Sprengung, Härtegrad, Dämpfung. Rund um das Schuhwerk kursieren etliche Fachbegriffe. Doch gerade Einsteiger sollten sich von denen nicht beirren lassen, rät Weber. Am besten gehe man «unbescholten und mit viel Gefühl» an die Sache heran. Am wichtigsten ist, dass die Schuhe richtig sitzen. «Das spürt man am Fuß», sagt Weber. Technische Eigenschaften und Ausstattung kommen danach.

Wichtig ist, sich selbst und seine Ansprüche zu kennen: Das eigene Gewicht, der Trainingsgrad (Anfänger, Fortgeschrittener oder ambitionierter Läufer), der Untergrund, auf dem man läuft (harter Fußweg oder weicher Waldboden), die Länge der Laufstrecke und eventuelle Fehlstellungen des Fußes – diese Faktoren spielen bei der Wahl des Schuhes eine wichtige Rolle, erklärt Reize.

Beispiel Laufstrecke: «Bei längeren Strecken brauche ich mehr Unterstützung durch den Schuh», sagt Reize. Dann kommt es auf die Stabilität und die Dämpfung an. Wer schon geübt ist, kann sich auf kurzen Strecken dagegen auch einen ganz flexiblen Schuh suchen, um etwa die Muskeln und Sehnen im Fußbereich mehr zu fordern und zu trainieren, erklärt der Experte.

Laufanfänger sollten aus seiner Sicht eher auf mehr Unterstützung durch den Schuh setzen. Sobald sich Muskeln, Bänder und Knochen an die neue Belastung gewöhnt haben, könne man das reduzieren – das sei vom Laufstil und Leistungsvermögen abhängig.

Welche Rolle spielt der Laufstil?

Die meisten Menschen sind Fersenläufer, sagt Urs Weber. Das heißt: Sie landen nach jedem Laufschritt mit dem Fersenaufsatzpunkt zuerst und rollen mit dem ganzen Fuß ab. «Aus der Erfahrung heraus brauchen diese Läufer relativ gut gedämpfte Schuhe.»

Es gibt noch zwei weitere Lauftypen: Vorfußläufer und Mittelfußläufer. Weber betont jedoch: «Es gibt kein Ideal, dass man anstreben sollte. Jeder läuft halt so, wie es im angeboren wurde, es gibt kein Richtig oder Falsch.» Es konnte seinen Angaben nach bislang auch noch nicht biomechanisch nachgewiesen werden, dass ein Laufstil verletzungsanfälliger oder generell schlechter sei als ein anderer.

Lohnt sich eine Laufberatung im Laden?

Viele Fachgeschäfte bieten das an. Weber würde das grundsätzlich immer empfehlen. Die Menge an einfachen Laufschuhen sei sehr groß, sagt er. «Es ist schwierig, sich da zu orientieren und das passende Modell zu finden. Vor allem als Laufanfänger.»

Welche Trends gibt es aktuell?

Längere Zeit war das Schlagwort «Natural Running» in aller Munde: also möglichst keine Dämpfung und wenig Unterstützung für den Fuß, hohe Flexibilität, Barfußlaufen mit Sohle quasi. Inzwischen sei das Pendel aber zurückgeschlagen, beobachtet Weber. Im Trend seien wieder die «gut gedämpften, superkomfortablen Laufschuhe».

Wie lange hält ein Laufschuh?

Das hängt stark von der Nutzerin oder dem Nutzer ab, wie Weber erläutert. «Es macht einen großen Unterschied, ob es sich um eine 50 Kilogramm schwere Läuferin mit perfektem Laufstil handelt oder einen 100 Kilogramm schweren Läufer mit einem biomechanisch aufwendigen Laufstil», führt der Experte aus.

Allgemein habe die Lebensdauer der Schuhe in den vergangenen Jahren zugenommen. Gerade das Mittelsohlenmaterial sei viel besser geworden. Dennoch härtet es mit der Zeit aus und verliert an Elastizität. Damit lässt die Leistung des Schuhs nach, der Körper wird beim Laufen mehr gefordert. «Das merkt man nicht», sagt Weber. Was auch daran liegt, dass dieser Verschleiß sich eben nicht offensichtlich zeigt – zum Beispiel durch Löcher im Schuh.

Der Experte rät, einen acht bis zehn Jahre alten Laufschuh lieber auszutauschen oder nur noch im Alltag zu nutzen. Aber nicht mehr zum Joggen im Park oder auf der Laufbahn.

Zu den Personen:

Patrik Reize ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Stuttgart. Urs Weber ist Redakteur bei «Runner’s World» und hat mehrere Bücher übers Laufen geschrieben.

Fotocredits: Christin Klose,Matthias Robl,Klinikum Stuttgart
(dpa/tmn)

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