Berlin – Tattoos zieren den ganzen Körper der Erzieherin Vanessa Stark aus Berlin. Doch zwei missglückte Exemplare müssen verschwinden. Seit Wochen besucht die 24-Jährige deshalb schon ein Laserstudio.
«Das ist ziemlich ärgerlich und nicht billig», sagt sie. Allein die Entfernung eines Mandalas auf der Hand kostet rund 1300 Euro – etwa das Zehnfache des Tattoo-Preises. Wie ihr geht es vielen anderen Tätowierten in Deutschland.
Und es könnte künftig noch teurer werden.
Tattoo-Entfernung per Laser – momentan kann das praktisch jeder anbieten. Doch ab Ende 2020 dürfen laut einer neuen Verordnung zum Strahlenschutz nur noch Ärzte die Dienstleistung übernehmen. Die Zukunft vieler Laser-Studios ist ungewiss: «Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht», sagt Markus Lühr, Gründer der Kette «Tattoolos», bei der vor allem Heilpraktiker arbeiten. Ärzte dürfe die GmbH nicht anstellen, so Lühr. «Die Tattoo-Entfernung wird künftig viel teurer und es wird lange Wartezeiten geben. Ich hoffe, dass das Ganze nicht in eine Grauzone abdriftet und in Hinterzimmern praktiziert wird.»
Diese Sorge teilt die Gründerin von «Endlich ohne», Andrea Goeman. «Ich hoffe, dass die Politik noch einlenkt», so die Heilpraktikerin aus Hannover, die an bundesweit 19 Standorten mit Kosmetikerinnen und Krankenschwestern, aber auch beratenden Ärzten arbeitet. Die neue Regelung sei vernichtend für ihr Unternehmen. Goeman rechnet damit, dass Kunden zur Tattoo-Entfernung künftig auch ins Ausland gehen.
«Die Neuregelung führt leider dazu, dass weniger Ärzte für ihren eigentlichen Job zur Verfügung stehen: sich um die Patienten zu kümmern», befürchtet der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß. Laut einer Studie der Uni Leipzig sind rund 16 Millionen Menschen bundesweit tätowiert. Krauß schätzt, dass jeder Zehnte unzufrieden ist. 1,2 Millionen Patienten nähmen jedes Jahr eine Laserbehandlung zur Tattoo-Entfernung in Anspruch.
Der Facharzt
Der Karlsruher Hautarzt und Laser-Experte Christian Raulin hält die neue Regelung für richtig: «Ein Arzt hat eine Ausbildung, medizinisches Verständnis und vielfach auch eine Ethik.» In fast der Hälfte der Fälle rate er seinen Patienten von einer Tattoo-Entfernung ab. «Wenn ich sehe, dass die Farben ungünstig sind oder das Tattoo zu groß ist, lasse ich die Finger davon», so der Arzt. Tattoos, die einen halben Oberarm bedecken, sind aus seiner Sicht noch entfernbar. Den großflächig tätowierten Fußballern der 1. und 2. Bundesliga hingegen prophezeit er ein anderes Schicksal: «Die werden die Tattoos ihr ganzes Leben behalten müssen.»
Bei einer Laserbehandlung werden die Farbstoffpartikel in kleine Teile zerschossen. Die Bruchstücke sollen vom Körper abtransportiert oder abgebaut werden. Mögliche Nebenwirkungen: Bei der Zerstörung mancher Pigmente können – so das Bundesamt für Strahlenschutz – giftige und krebserregende Verbindungen wie Blausäure oder Benzol entstehen. Das Amt warnt zudem vor Verbrennungen, Pigmentveränderungen, Entzündungen und Narbenbildung, wenn der Laser nicht richtig eingesetzt wird. «Wenn im Tattoo ein suspektes Muttermal ist, kann sich nach einer Laserbehandlung nahezu unbemerkt ein Hautkrebs entwickeln», ergänzt Raulin. Außerdem sei es möglich, dass allergische Stoffe aus dem Tattoo sich im ganzen Körper verteilen: «Dann juckt es plötzlich überall.»
Bis zu 20 Sitzungen
Im Idealfall lasse sich eine Profitätowierung nach bis zu 20 oder mehr Sitzungen entfernen. Doch die klinische Erfahrung zeige, dass etwa bei einem Drittel der Patienten auch nach sehr vielen Sitzungen keine vollständige Entfernung gelinge. Vor allem bunte und mehrfarbige Tattoos und solche, die viele Farbpigmente enthalten, seien schwierig zu entfernen, so Raulin, der häufig erlebt, dass Tätowierer eben nicht die erhofften Picassos oder Dürer sind: «Da wird aus einer Eule schnell mal eine Ente und aus einem Hai ein Kabeljau.» Oft seien aber auch die Motive einfach nicht mehr gewollt – etwa Arschgeweihe oder der Name des Ex-Partners.
«Die Linien sind viel zu dick», kritisiert Vanessa Stark das Mandala auf ihrer Hand. Noch ärgerlicher sei aber ein Tattoo auf ihrem Oberschenkel. «Hier wurde viel zu tief gestochen, es haben sich Narben gebildet», erzählt die Neuköllnerin, die auch modelt. Sie will sich die Arbeiten des nächsten Tätowierers künftig genau anschauen.
Fotocredits: Carsten Koall
(dpa)