Wenn Blut kaum zu stoppen ist: Hämophilie nicht verharmlosen

Frankfurt/Main/Chemnitz – Nur ein kleiner Stoß, eigentlich nichts Ungewöhnliches – zum Beispiel im Vorbeigehen mit dem Arm gegen den Türrahmen prallen. Die meisten vergessen so etwas gleich wieder.

Doch manche bekommen kurze Zeit später an der Stelle als Erinnerung einen großen blauen Fleck. Wenn das nach eigentlich harmlosen Zusammenstößen häufiger der Fall ist, kann das ein Anzeichen für eine Blutgerinnungsstörung – die Hämophilie – sein. Die sogenannte «Bluterkrankheit» ist keineswegs harmlos.

Ist das System der Blutgerinnung aus der Balance geraten, kann das einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zur Folge haben. Bei größeren Wunden oder Operationen besteht das Risiko zu verbluten. Wer den Verdacht hat, dass bei der Blutgerinnung etwas nicht in Ordnung ist, sollte unbedingt zum Arzt gehen und sich testen lassen.

«Erste Anzeichen für eine gestörte Blutgerinnung können neben gehäuften Blutergüssen nach kleineren Blessuren etwa auch häufiges und sehr starkes Nasenbluten sein», erklärt der Chemnitzer Allgemeinmediziner Diethard Sturm. Er ist Patientenbeauftragter des Vorstands des Deutschen Hausärzteverbandes. Betroffene Frauen haben nicht selten eine starke und lange Periode. Wenn kleine Wunden nicht aufhören zu bluten, kann das ebenfalls auf Hämophilie hindeuten.

Für eine sichere Diagnose wird dem Betroffenen unter anderem Blut abgenommen und im Labor untersucht. Der Arzt wird auch wissen wollen, ob in der Familie schon einmal Hämophilie festgestellt wurde.

Eine Blutgerinnungsstörung wird häufig vererbt. «Betroffen sind vor allem Männer», sagt Wolfgang Mondorf. Er ist Facharzt für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung Hämostaseologie in Frankfurt am Main und Vorsitzender des Ärztlichen Beirats der Deutschen Hämophiliegesellschaft (DHG). «Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass sie unter einer Blutgerinnungsstörung leiden.»

Eine Blutgerinnungsstörung wird nicht nur vererbt, sie kann auch im Laufe eines Lebens entstehen. «Das ist etwa bei schwersten Leberstörungen oder bei einer Blutkrebserkrankung der Fall», erläutert Sturm. Bei einer Krebstherapie können bestimmte Medikamente die Blutgerinnung beeinträchtigen – «in solchen Fällen ist ein strenges Kontrollregime erforderlich», sagt Sturm.

Bei Hämophilie A und B kann man den fehlenden oder nur unzureichend vorhandenen Blutgerinnungsfaktor in den Blutkreislauf zu bringen. «Hierfür gibt es Medikamente, die intravenös gespritzt werden», erläutert Mondorf. Außerdem sollten Betroffene die Finger von Alkohol und bestimmten Medikamenten lassen, die die Leber schädigen könnten. Im Zweifelsfall sollten Betroffene ihren Arzt oder Apotheker fragen.

Aber nicht nur eine unzureichende Blutgerinnung ist ein Problem: Wenn bei einem Patienten die Blutgerinnung dauerhaft verstärkt ist, kann ein Blutgerinnsel entstehen – eine sogenannten Thrombosen. «Eine solche Gerinnselbildung kann durch Tabletten, die ein Arzt verschreibt, verhindert werden», sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer in Berlin.

Fotocredits: Andrea Warnecke
(dpa/tmn)

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